Sortiertechnologie macht Aluminium grün
Im Gespräch mit Herrn Karl Hoffmann, Global Sales Director / Metal Recycling Division bei STEINERT über das Recycling von Aluminium, technologische Neuerungen, die Besonderheiten des Marktes und seine Erwartungen an die Zukunft.
Herr Hoffmann, warum kann man beim Aluminium-Recycling so viel Energie sparen?
Grundsätzlich müssen wir den Vergleich ziehen zwischen Primär- und Sekundäraluminium. Im Falle des Primäraluminium müssen zunächst bergmännisch Bauxiterze abgebaut werden, aus denen in aufwändigen Verfahren Aluminiumoxid hergestellt wird. Aus diesem wird wiederum durch Schmelzflusselektrolyse Aluminium mit bis zu 99,7 % Reinheit gewonnen. Dieser Prozess ist sehr energieintensiv und belastet die Umwelt stark. Bei der Herstellung von Sekundäraluminium kommt Recycling ins Spiel. Durch den Einsatz von Aluminiumschrotten in Schmelzwerken bewegt man sich auf einem viel niedrigeren Energieniveau. Hinzu kommt, dass es immer wieder und wieder verwenden kann – theoretisch ewig. Dazu gibt es eine signifikante Zahl: Rund 75% des jemals hergestellten Aluminiums befindet sich immer noch in Umlauf. Das liegt einerseits an der hohen Lebensdauer von Produkten aus Aluminium, andererseits auch an der guten Rezyklierbarkeit des Metalls.
Wie viel geringer ist denn der Energiebedarf beim Aluminium-Recycling im Vergleich zur Herstellung von Neuware?
Hoffmann: Man kann von bis zu 95 % Einsparung ausgehen. Das ist natürlich für den Klimaschutz hochinteressant. Die Produktion von recyceltem Aluminium verursacht 92 % weniger CO2 gegenüber der Neuware. Im Jahr 2019 wurden weltweit 20 Millionen Tonnen Aluminium recycelt, das entspricht einer Ersparnis von 300 Millionen Tonnen Treibhausgasen.
Bei der Verarbeitung von einer Tonne Aluminiumschrott wird außerdem der Abbau von 8 Tonnen Bauxit eingespart. Unter dem Strich bleibt eine Ersparnis von 14.000 KWh.
Warum wird dann überhaupt noch Neuware produziert?
Hoffmann: Wir benötigen heute noch energieintensiv erzeugtes Primäraluminium um bestimmte Qualitäten an Legierungen herstellen zu können. Um die Qualität des Recycling-Aluminium hoch zu halten, müssen intelligente Kreisläufe geschaffen werden unter Zuhilfenahme hocheffizienter Recyclingtechnologien, z.B. sensorbasierter Sortiertechnik. Damit kann dem Downgrading der Materialqualitäten im Recyclingkreislauf entgegengewirkt werden und auch Sekundäraluminium effizient in der Herstellung von sogenannten Aluminium-Knetlegierungen eingesetzt werden.
Welche Rolle spielen denn Legierungen beim Aluminium?
Hoffmann: Es gibt hunderte verschiedener Legierungen, die je nach Anforderungen der jeweiligen Anwendungen unterschiedliche mechanische Eigenschaften besitzen, wie z.B. die Festigkeit oder die Härte. Die Entwicklung ist hier sehr dynamisch. Im Automobilbereich etwa ist es ja schon lange üblich, Karosserieteile aus Aluminium zu fertigen, inzwischen werden auch tragende Teile, wie Fahrwerksaufhängungen, aus neuentwickelten Aluminiumlegierungen oder auch Aluminiumverbunden hergestellt. Der Motor selbst ist ja bereits zum Großteil aus Aluminiumguss. Einige Automobilhersteller haben sich bereits sehr stark auf Aluminium als Werkstoff ausgerichtet. Mit dem niedrigen Gewicht sind die immer strenger werdenden CO2-Vorgaben eher einzuhalten, im Vergleich zu Stahl hat Aluminium eine um den Faktor 2,7 geringere Dichte.
Auch für elektrisch angetriebene Fahrzeuge wird Aluminium ein entscheidender Werkstoff sein. Je mehr Stahl durch Aluminium ersetzt wird, umso größer wird die Reichweite eines Elektrofahrzeugs. Das Potenzial ist auch in Zukunft riesig. Neben diesem großen CO2 Einsparungspotential durch Leichtbauweise im Automobilbau, trägt vor allem der effiziente und spezifische Einsatz von recyceltem Aluminium zur Reduktion der Treibhausgase bei. Gegenüber Primäraluminium spart die Verwendung von recyceltem Aluminium rund 95% Energie ein. Entscheidend für eine hohe Qualität der Recyclingware ist eine präzise Sortiertechnik:
Wie gelingt es, möglichst hochwertiges Aluminium aus dem Recycling zu erhalten?
Hoffmann: Das ist zunächst natürlich von dem jeweiligen Eingangsmaterial abhängig. Außerdem hängt der Qualitätsanspruch natürlich von der geplanten Anwendung ab. Bereits mit relativ einfacher Technologie gelingt es die groben Verunreinigungen, wie Kunststoffe oder Holz zu entfernen. Dazu werden Wirbelstromabscheider eingesetzt.
Sehr viel feiner kann mit Sensoren sortiert werden. Die Röntgentransmissionstechnik ist im Prinzip das, was man vom Arzt kennt, wo die Absorption der Röntgenstrahlung unterschiedliche Materialdichten sichtbar macht. In der Metallsortierung können damit Metallstücke auf einem Förderband durchstrahlt und nach jeweiligem Material und seiner Reinheit mit hoher Genauigkeit klassifiziert werden.
Durch große Fortschritte bei der Erkennung, der Software und auch der Verarbeitung der Signale gelingt die Kombination aus sehr präziser Sortierung und hoher Geschwindigkeit. Die Trennung der guten von den weniger guten Teilen erfolgt dann mit Druckluft.
Was passiert dann mit dem sortierten Material?
Hoffmann: Schmelzbetriebe kaufen das Metall, um es weiter zu verarbeiten. Es gibt aber auch die Option, das Aluminium weiter nach Legierungen zu sortieren. Je präziser das gelingt, umso spezifischer kann das Material anschließend eingesetzt werden und man kommt dem Ziel eines geschlossenen Kreislaufs, einer Circular Economy wieder näher.
Welche technischen Neuentwicklungen gab es bei STEINERT in letzter Zeit?
Hoffmann: Wir haben kürzlich unser System mit Röntgentransmissionstechnik aktualisiert. Wir nennen die Anlage XSS, das steht für X-Ray und Sensor-Sortierung, die Neuentwicklung trägt den Zusatz EVO. Darin sind die Entwicklungen der letzten fünf Jahre eingeflossen. Beispielsweise ist die Erkennung der verschiedenen Materialcharakteristika erheblich präziser geworden. Das funktioniert vor allem über eine verbesserte Signalverarbeitung. So können die Anlagen heute bestimmte Legierungen besser voneinander trennen. Darüber hinaus sind wir damit auch in der Lage, freies Magnesium abzutrennen, ein Metall, das häufig in Aluminiumschrotten anfällt und unerkannt erheblichen Mehraufwand in den Aluminiumschmelzhütten verursacht. Das ist insofern anspruchsvoll, als dass Magnesium, so wie Aluminium, ein Leichtmetall ist und daher die Absorptionskoeffizienten für Röntgenstrahlung sehr eng beieinander liegen.
Gibt es weitere Neuerungen?
Hoffmann: Ja, wir haben auch die Komponenten unserer Anlagen noch einmal widerstandsfähiger gemacht. So geben wir etwa auf die Röntgenquelle, ein zentrales und preisintensives Bauteil, eine vierjährige Garantie. Das ist einzigartig in der Branche.
Wie entwickeln sich die Märkte?
Hoffmann: Leichtmetalle ermöglichen in der Mobilität Gewicht und damit CO2 einzusparen. Die gesetzlichen Vorgaben in diesem Bereich werden immer strenger, dementsprechend steigt der Druck auf die OEMs, Leichtbaulösungen umzusetzen. Gleichzeitig wächst das gesellschaftliche Interesse an nachhaltigem Wirtschaften. Die Aluminiumrecycler weisen darum auch immer deutlicher auf den eingesetzten Anteil an Recycling-Aluminium hin. Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Aluminium in den kommenden Jahrzehnten noch einmal um 50 Prozent steigen wird. Ein überproportionaler Anteil davon wird durch Recycling gedeckt werden müssen. Heute werden in Europa jährlich rund 5 Millionen Tonnen, weltweit 20 Millionen Tonnen Aluminiumschrott verarbeitet. Experten rechnen damit, dass sich diese Menge in den nächsten 10 Jahren verdoppeln wird.
Welche Entwicklung für das Aluminiumrecycling sehen Sie am Horizont?
Hoffmann: Das Material, das wir heute sortieren stammt meist aus Autos oder anderen Produkten, die vor zehn Jahren und länger produziert wurden. Inzwischen nimmt die Zahl der verwendeten Legierungen zu. Es wird in Zukunft darauf ankommen, Legierungen noch präziser als heute schon voneinander unterscheiden zu können.
Gibt es auch technologische Lösungen, die so eine Kreislaufführung mit vielerlei Legierungen erleichtern würden?
Hoffmann: Ja, und wir haben sie auch bereits entwickelt. Die Laser-Induced-Breakdown-Spectroscopy, kurz LIBS. Dabei wird das Aluminium mit einem hochenergetischen Laser beschossen. Wo der Laser auf das Metall trifft, verwandelt es sich in einer Metalldampf, ein sogenanntes Plasma. Bei der Abkühlung implodiert es und gibt dabei eine für die Atomstruktur spezifische und messbare Energiestrahlung ab. Damit lassen sich die verschiedenen Aluminiumlegierungen sehr genau bestimmen.
Wenn diese flächendeckend eingeführt ist, können wir die Legierungen derart präzise voneinander trennen, dass eine Kreislaufwirtschaft möglich wird. Die Schmelzbetriebe wissen, was sie für ihre Legierungen brauchen. Wenn ein Betrieb genau bestimmen kann, welcher Art ein Material ist, dann kann er auch festlegen was zum Erreichen vorgegebener Materialeigenschaften hinzugefügt werden muss.
Wofür steht bei STEINERT das Stichwort „Greener Aluminium“?
Der Begriff „Greener Aluminium“ zeigt die Chancen auf, die uns dieses Metall und seine einzigartigen Möglichkeiten im Recycling bietet. Voraussetzung sind intelligente Recyclingkreisläufe und Sortiertechnologie. Damit sind wir schon heute in der Lage, geschlossene Materialkreisläufe für diesen wichtigen Werkstoff zu erzeugen.
Wir bei Steinert sind sehr froh, dass wir hierzu, mit der Arbeit unsere Entwicklerteams und unseren Fachberatern vor Ort, eine wichtigen Beitrag leisten können. Die Zukunft, die uns die intelligente Verwertung dieses Metalls bietet, ist für uns ein großer Ansporn immer noch mehr zu erreichen und noch smartere Lösungen zu entwickeln.